Der Mensch und unsere Fledermäuse


Einflussfaktor Mensch

Im Laufe der Jahrhunderte haben unsere Fledermäuse Gefallen an manchen von Menschenhand geschaffenen Einrichtungen gefunden. So sind Straßenlaternen mit ihren Insektenschwärmen ein beliebtes Jagdbiotop, Kellerräume dienen als Winterquartier und Dachböden als Sommerresidenz oder sogar als Platz für eine Wochenstube. Auch Holzverschalungen und Hohlblocksteine sind bei den Fledermäusen als Unterkunft sehr beliebt.

Ganz im Gegensatz dazu sind von altersher die Menschen in unserem Kulturkreis ganz und gar nicht von der Existenz der Fledermäuse begeistert. Die nachtaktive Lebensweise und ihre geschickten Flugkünste reichten aus, um sie als dämonische Wesen zu betrachten, die man allenfalls dazu verwenden könne, sie als Abwehrzauber an die Türe zu nageln. Horrorgeschichten von blutrünstigen Vampiren, die in Gestalt einer Fledermaus auf Beutezug gehen, entstanden offenbar durch die Vermischung geschichtlicher Ereignisse um grausame Herrschergeschlechter und der Entdeckung der einzigen Fledermausgattung, die sich vom Blut anderer Säugetiere ernährt - die Vampirfledermäuse. Das Vorkommen dieser Fledermäuse ist ausschließlich auf Lateinamerika beschränkt. Anerzogene Vorurteile, Ignoranz und die Angst den eigenen Lebensraum mit anderen Geschöpfen teilen zu müssen, dominieren auch heute noch in der Beziehung des Menschen zur Fledermaus.

Kaum ist das alte Feindbild von der blutsaugenden, haarverfangendenen Kreatur beiseite gelegt, tritt auch schon ein altbekanntes Prinzip zutage: "Die Fledermäuse sind ja liebe Tiere, solange sie in meines Nachbarn Haus wohnen". Also werden alle Ritzen vernagelt, Fenster vergittert und Türen verschlossen, damit die lieben Tiere draußen bleiben. "Man weiß ja nie, womöglich verbreiten sie gar bösartige Seuchen oder schaden dem teuren Dach, Mist machen sie jedenfalls". Und so feiert die Mär von der gefährlichen Fledermaus fröhliche Urständ, aufgeklärt und sachlich versteht sich. Mehr als die Hälfte der in unseren Breiten lebenden Fledermausarten sind auf Quartiere in oder an Gebäuden angewiesen, lediglich einige der heimischen Arten führen ein mehr oder weniger vom Menschen unabhängiges Dasein. Hohe Anpassungsfähigkeit einerseits und immer enger werdender Lebensraum andererseits, haben die Fledermaus zum Kulturfolger gemacht, und zwar zu einem nützlichen.

Auch jene Arten, die die Nähe des Menschen meiden und ihr Quartier in Baumhöhlen suchen, haben kein leichtes Dasein. In den weitläufigen sorgsam durchforsteten Monokulturen sind kaum geeignete Baumhöhlen zu finden. Zur totalen Katastrophe kommt es jedoch, wenn ein mit überwinternden Fledermäusen besetzter Baum gefällt wird, und gerade ein mit Höhlen durchsetzter Baum ist ein potentieller Kandidat dafür. Selbst wenn die Tiere genügend Zeit hätten ihr Quartier zu verlassen, wäre eine solche Störung für sie früher oder später der sichere Tod. Kaum ein anderes Säugetier leidet mehr unter den besonderen Eigenschaften der Gattung Mensch als die Fledermaus.

Alle heimischen Fledermausarten sind an den Rand des Aussterbens gedrängt und stehen in allen Bundesländern unter strengstem Schutz. Doch Gesetze können nur den Weg weisen, die Verantwortung für die Erhaltung unserer Tier- und Pflanzenwelt tragen wir selbst.